Trotz besten Frühlingswetters nahmen insgesamt über 130 interessierte Bürgerinnen und Bürger am 2. Bremer Genossenschaftstags in der ev. Friedensgemeinde zum Thema „Neue Wohnungsgenossenschaften – Impulsgeber für eine sozial-ökologische Quartiersentwicklung“ teil. „Diese sehr positive Resonanz bestärkt uns in unserem Bemühen, die zunehmende Bedeutung von Wohngenossenschaften zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums noch stärker in die öffentliche Debatte zu tragen“, so Margot Müller und Peter Bargfrede von der StadtteilGenossenschaft Hulsberg eG, die den 2.Bremer Genossenschaftstag initiiert hatte.
Eröffnet wurde der 2. Bremer Genossenschaftstag mit einem Grußwort von Arno Sünnemann, Abteilungsleiter für Stadtplanung beim Senator für Umwelt, Bau und Vrekehr. Er betonte, dass in Bremen zwar keine so ausgeprägte wohnungsgenossenschaftliche Kultur vorhanden wäre – wie z. B. in Hamburg – und es „noch Luft nach oben“ gäbe, das Thema Baugemeinschaften, wozu auch Genossenschaften gehörten, aber in seiner zunehmenden Bedeutung erkannt wurde und Bremen eine halbe Stelle zur Unterstützung und Förderung von Baugemeinschaften geschaffen hat. Aus dem Publikum gab es aber auch Widerspruch zu dieser Einschätzung und Kritik an der unzureichenden Unterstützung von Baugemeinschaften durch die Baubehörde.
Dr. Josef Bura, Vorsitzender vom Forum Gemeinschaftliches Wohnen, spannte in seinem unterhaltsamen Vortrag einen weiten Bogen von den Anfängen des genossenschaftlichen Wohnungsbaus im ausgehenden 19.Jahrhundert, über die Blütezeit nach dem 1. Weltkrieg, dem Zerschlagen der Genossenschaftsbewegung durch die Nazis und dem Aufblühen neuer Wohnungsgenossenschaften in den letzten 30 Jahren, die besonders von Menschen geprägt wurden, die angesichts der demographischen Entwicklung neue Formen des gemeinschaftlichen Wohnens entwickelten und realisierten. Hier knüpfte auch Dr.Burghard Flieger aus Freiburg an, der vier verschiedene Typen des gemeinschaftlich-genossenschaftlichen Wohnens ausgemacht hat und diese ausführlich erläuterte.
Sehr spannend waren der Vortrag von Natalia Schaller von der Mitbauzentrale München über das München-Modell zur Förderung von Wohnungsgenossenschaften und die anschließende Gesprächsrunde mit Frau Hansen von der Agentur für Baugemeinschaften Hamburg, Frau Schaller und Herrn Sünnemann zum Thema „Wohnungsgenossenschaften als Partner der Kommunen“. Hier wurde deutlich, was gezielte Förderprogramme der Kommunen bewirken können, wenn eine Kommune junge Wohnungsgenossenschaften bei der Eigenkapitalbeschaffung unterstützt, ihnen bevorzugt Flächen zur Bebauung zur Verfügung stellt (wie in München) und Grundstücke nur noch nach Konzept und nicht nach Höchstpreis vergeben werden.
In der anschließenden Diskussion plädierte Robert Bücking, baupolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen dafür, dass Bremen Baugemeinschaften und insbesondere junge Wohnungsgenossenschaften stärker als bisher fördern müsste, da sich die wohnungspolitischen Rahmenbedingungen zu ungunsten bezahlbaren Wohnraums entwickelt hätten. Die StadtteilGenossenschaft Hulsberg eG fordert in diesem Zusammenhang auch für Bremen neue wohnungspolitische Förderinstrumente zur Gründung und Förderung neuer Wohnungsgenossenschaften. „Ein besonderes Anliegen ist es uns, dass auch Personen aus den untersten Einkommensklassen Mitglied in einer Wohnungsgenossenschaft werden können, wir fordern daher Bürgerschaft und Senat auf, dass diesem Personenkreis – wie in München – z. B. ein zins- und tilgungsfreies Darlehen zum Erwerb der notwendigen Genossenschaftsanteile zur Verfügung gestellt wird“, so Margot Müller und Peter Bargfrede.
In weiteren Vorträgen wurden genossenschaftliche Wohnprojekte vorgestellt, wie z.B. Wohnsinn eG aus Darmstadt, Tobias Behrens von Stattbau Hamburg präsentierte detailliert Finanzierungsmodelle des genossenschaftlichen Wohnungsbaus und Mathias Fiedler, Vorstand vom Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften“ erläuterte die juristischen und ökonomischen Besonderheiten bei der Gründung einer Genossenschaft.
Während der Veranstaltung hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf einem „Marktplatz“ Gelegenheit, sich über die Geschichte der Genossenschaften und Angebote von Genossenschaften aus Bremen zu informieren.